Augenzeuge des Truppenabzugs zurück auf einstigem Sowjet-Terrain Erste Gruppenführung des Flugplatzsvereins Nohra - mit dabei: Oberst a.D. Hans-Joachim Feih
Nohra. Manchmal ist es einfach die Gunst des Zufalls, die man als Heimatforscher braucht, um den Dingen tiefer auf den Grund gehen zu können. Christian Handwerck hat dieses Glück in Gestalt einer Gruppe ehemaliger Bundeswehr-Angehöriger erteilt. Der Vorsitzende des Flugplatzvereins Nohra war von der Gesellschaft für Wehr- und Sicherheitspolitik, Sektion Fritzlar, um eine Führung über die ehemalige sowjetische Liegenschaft gebeten worden. Die Exkursion war Teil einer Tagung zum Thema "1000 Jahre Russen und Deutsche", die bis Anfang der Woche im Weimarer Jakob-Kaiser-Haus stattfand.
Erste Gruppenführung überhaupt
Dies war die erste Gruppenführung überhaupt, für die der Vereinschef gebucht wurde. Unter den 15 Besuchern befand sich auch Oberst a.D. Hans-Joachim Feih, der die Fritzlaer Sektion leitet. Feih war nach der Wende am Bundeswehrstandort Erfurt eingesetzt. "Er hat den Abzug der Sowjetarmee begleitet und war am 20. November 1992 zugegen, als die Truppen offiziell verabschiedet wurden", freut sich Christian Handwerck über den Kontakt zu einem wichtigen Augenzeugen.
"Aus der Wendezeit ist im Moment wenig Quellenmaterial greifbar." Das Archivgesetz schreibt für alle amtlichen Dokumente eine Sperre von dreißig Jahren vor.
Dokumente erst 2022 einsehbar
Handwerck weiß, dass sowohl das Stadtarchiv Weimar über Korrespondenzen aus dem sowjetischen Truppenstandort verfügt, wiewohl auch das Bundesarchiv Dokumente verwahrt, die von der Bundeswehr stammen. Aber wie alle andere Interessenten wird auch er nicht vor 2022 Einblick nehmen können in das Material.
Hans-Joachim Feih jedenfalls fand in Nohra ein Areal vor, das kaum wieder zu erkennen war. Dreimal hatte er Anfang der Neunzigerjahre das Gelände besucht; zuletzt als Gast der internen Verabschiedung der Sowjetarmee aus Weimar.
Christian Handwerck führte die Besucher am zurückliegenden Sonntag über das Gelände Nohra-Süd. Der Pächter des Grundstücks war so freundlich, vorher zu mähen und den Weg zu bereiten, sodass die Gruppe bis zum ehemaligen Casino gehen konnte.
Er habe das Gebäude, in dem die Sowjets vor mehr als zwanzig Jahren ihren Ausstand gegeben hatten, ganz anders in Erinnerung, sagte Feih. Der Oberst a.D. wird künftig wohl noch weitere Erinnerungen rekapitulieren müssen. Womöglich findet die nächste Begegnung allerdings schon in dem Museum statt, das der Flugplatzverein in den kommenden Wochen einrichten will.
Nach Jahren des Suchens und diverser Enttäuschungen haben die Regionalhistoriker endlich einen Ort gefunden, an dem sie ihre vielfältigen Sammlungen ausstellen und ihr ebenso umfangreiches Wissen aufbereiten können. Ende August soll das Museum im Bürgerhaus Ulla eröffnet werden.
Von Sabine Brandt
Bildunterschriften:
Sie thront noch immer auf dem ehemaligen Flugplatzgelände Nohra Süd und ist bei Gästen weiterhin beliebtes Fotomotiv. Auch die Gesellschaft für Wehr- und Sicherheitspolitik ließ sich vor der Lenin-Statue ablichten. Foto: Maik Schuck